Christina Wess ist eine junge, energische Frau mit ganz großer Sensibilität für besondere Lagen. Diese Eigenschaft wurde ihr ganz ohne Zweifel in die Wiege gelegt, denn auch ihr Vater, Rainer Wess, war immer schon ein passionierter Anhänger von Weinen mit außergewöhnlichem Herkunftscharakter.
Schrittweise baute der Selfmade-Winzer in den vergangenen zwei Jahrzehnten eine brillante Kollektion von spannenden Weinbergslagen auf. Insgesamt 8 Hektar bewirtschaftet das Tochter & Vater-Gespann in den besten Lagen in und um Krems wie dem Pfaffenberg, dem Kögl, dem Weinzierlberg.
Wie im Kremstal typisch, arbeiten Christina und ihr Vater Rainer vornehmlich mit den Sorten Grüner Veltliner und Riesling. Dabei versuchen sie, ihren eigenen Einfluss möglichst zu reduzieren und dafür den Eigenschaften der Lagen ganz viel Raum zu geben.
„Die Weinberge im Kremstal und in der Wachau, die kargen Terrassen, die steilen Hänge, die trockenen Bedingungen – das ist unser Kapital“ schwärmt Christina. „Unsere Aufgabe ist es, die Ausdrucksnuancen möglichst puristisch in die Flasche zu bringen, sodass man die Unterschiede beim Reinriechen sofort erkennt.“
In den Weinbergen arbeiten Christina und Rainer biologisch zertifiziert, und auch im Keller sind sie ein gut eingespieltes Duo. „Manchmal ist sie der Head Winemaker und ich der Assistent, und dann tauschen wir wieder die Rollen.“ lacht Rainer Wess.
Auch Christina lacht erleichtert. Die letzten Jahre waren nämlich nicht immer einfach, bis sie bereit war, eine nicht glückliche Beziehung zu verlassen und mit ihrem ehemaligen Partner auch einige ihrer Weinberge zurückzulassen.
„Die Arbeit mit meinem Vater ist so unbeschwert und verstehen einander, ohne lang zu diskutieren.“ Eine große Last sei mit der Trennung von ihren Schultern gefallen. „Wir sind jetzt viel kleiner als zuletzt, aber es bereitet mir unheimlich Vergnügen.“
Christina ist Absolventin der Weinbauschule Klosterneuburg und hat ihre Lehr- und Wanderjahre mehrheitlich in Burgund verbracht. Dort lernte sie auch die Begeisterung ihres Vaters für Pinot Noir verstehen. „Der Grüne Veltliner ist unsere traditionelle Homebase, der Riesling ist unsere intellektuelle Herausforderung und der Pinot ist unser gemeinsame große Liebe“, freut sich Rainer Wess, der selbst auch in Klosterneuburg maturierte, anschließend in Bordeaux Erfahrungen sammelte, eine Zeitlang in der Weindistribution tätig war, bis er schließlich 2003 „from scratch“ startete und über viele Jahre lernte, wie man improvisieren und jonglieren muss, um ganz ohne traditionellen und familiären Rückhalt ein neues Weingut aufzubauen. Nun schreibt er, im Duett mit seiner Tochter, ein neues Kapitel in der jungen Geschichte des Weingutes.
„Christina und Rainer Wess“ steht auf den Etiketten der 2024er Weine, dem ersten Jahrgang aus dem Vater-Tochter-Paarlauf, die im März auf den Markt kommen. Es sind zunächst Grüner Veltliner und Riesling mit der Herkunft Kremstal DAC. Die Lagenweine dürfen noch etwas länger reifen, und auch der Pinot liegt noch im Fass.
Unterloiben 6, also ein Ort in der Wachau, steht als Adresse auf den Etiketten der Weine, die im Kremstal wachsen. In Unterloiben haben sich Christina und Rainer eingemietet, nachdem ihr bisheriger Keller beim Ex-Partner verblieb. Das Jonglieren bleibt der Familie Wess also weiterhin erhalten. „Gut, dass wir es gewohnt sind, flexibel und beweglich zu sein, gell?“ lacht Rainer Wess und legt seiner Tochter den Arm um die Schulter.